Die KHR beabsichtigt die Durchführung eines Forschungsprojektes zum Thema „Abflussanteile aus Schnee- und Gletscherschmelze im Rhein und seinen Zuflüssen vor dem Hintergrund des Klimawandels".
Die Veranlassung zu diesem Projekt ergibt sich vor dem Hintergrund der großen sozioökonomischen und ökologischen Bedeutung des Stromes aus der Tatsache, dass das Abflussregime des Rheins sehr stark von Schmelzwassern geprägt ist und seitens verschiedener Bereiche (Öffentlichkeit, Wirtschaft, Politik) ein großer Bedarf an Aussagen zu den zu erwartenden Veränderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel besteht. Ungeachtet zahlreicher vorliegender Untersuchungs- und Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet ist jedoch eine quantifizierende Beantwortung dieser Frage bisher noch nicht erfolgt.
Das Grobkonzept für das Projekt umreißt den inhaltlichen Rahmen und sieht insgesamt drei Haupt-Arbeitsabschnitte (Module) vor, die eine Ermittlung der Abflussanteile aus Schnee- und Gletscherschmelze für den gewählten Beobachtungszeitraum erlauben sollen. Zur Bearbeitung dieser Module sind Auftragsvergaben vorgesehen, die in einem Zeitraum von maximal drei Jahren durchzuführen sind. Ein vierter, derzeit noch nicht ausschreibungsrelevanter Schritt, der die Bestimmung der schnee- bzw. gletscherbürtigen Abflussanteile unter zukünftig geänderten Klimabedingungen vorsieht, ist, aufbauend auf den Ergebnissen der Module 1 bis 3, im Anschluss daran geplant.
Hauptarbeitschritte:
- Identifizierung der schmelzwasserbürtigen Abflusskomponenten (Schneedecke, Gletschereis, Gletscherschnee) in sinnvoll gewählten und möglichst mit Messstellen ausgestatteten Teileinzugsgebieten des gesamten Rheingebietes. Dabei sollte von den teils gletscherbeeinflussten Kopfeinzugsgebieten im Alpenraum ausgegangen werden. Ermittelte Abflussanteile sind im Rahmen eines Separationsverfahrens auf die gemessene (Pegel-)Ganglinie zu beziehen bzw. abzubilden (Tageswertbasis).
Dabei sollte auch das bestehende Abflussmonitoring für Gletscherabflüsse in den Kopfeinzugsgebieten überprüft werden (Homogenität, Aussagekraft der Daten); gegebenenfalls sind Empfehlungen für notwendige neue Standorte für Messstationen zu treffen, um damit zukünftig weniger von modellgestützten Abflussabschätzungen abhängig zu sein.
Der Betrachtungszeitraum sollte die Periode 1951 - 2010 umfassen und falls möglich auch bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zurückreichen. - Identifizierung und Quantifizierung der den Wellenablauf beeinflussenden Prozesse und der relevanten Systemkomponenten (Talsperrensteuerung, Seenregulierung, Überleitungen, Grundwasser etc.) sowie Zusammenstellung und Aufbereitung der entsprechenden Kennwerte und hydraulischen Grunddaten (Gewässerquerschnitte etc.).
Es wird die Erstellung eines Flood-Routing-(Wellenablauf-)Modells angestrebt (ggf. unter Nutzung bestehender Modelle im Untersuchungsgebiet). Das Modell soll die wichtigsten Prozesse für ein räumlich verteiltes Fließgewässersystem und eine Vielzahl an großräumig wirksamen Wasserbewirtschaftungsmaßnahmen auf Tageswertbasis simulieren können. Hierbei sollten
- die gegenwärtigen Maßnahmen
- die in der Vergangenheit (zumindest rückwirkend bis zum Beginn des 20. Jh.) wirksamen Maßnahmen
einbezogen werden.
Weiterhin sollte das Modellsystem so offen gestaltet sein, dass Szenarien zukünftig möglicherweise relevanter Maßnahmen einbezogen und deren Wirkungen abgeschätzt werden können.
(Hinweis: Der Schwerpunkt der (Routing-)Modellentwicklung bzw. -Datenerhebung liegt deshalb im Bereich des Gewässernetzes der hydrologischen Kopfgebiete des schweizerischen Rheineinzugsgebietes bis zum Pegel Basel. Für den Flussabschnitt stromab des Pegels Basel existieren bereits entweder hydrodynamische Modelle oder es können Flood-Routing-Schemen aus hydrologischen Modellen bzw. umfangreiche dazugehörige Datenbestände. Diese Daten werden dem Projekt bei Bedarf zur Verfügung gestellt.) - Quantifizierung der schmelzwasserbürtigen Abflussanteile für die Pegel der definierten Teileinzugsgebiete (einschließlich jener in besonders feiner Auflösung im Alpenrhein- und Aaregebiet), für den Zufluss zum Bodensee sowie für die Rheinpegel Basel, Maxau, Worms, Mainz, Kaub, Andernach, Köln und Lobith in Vergangenheit und Gegenwart.
Es soll einerseits ermöglicht werden, für den Zeitraum 1951-2010 eine Aussage (tageswertscharf) über den jeweiligen Schmelzwasseranteil zu einem beliebigen Zeitpunkt an den genannten Pegeln zu treffen. Zum anderen ist ein überblickhafter Ansatz für die Schmelzwasseranteile der Gesamtperiode 1901-2010 auf Monatswertbasis auszuarbeiten. Dabei kann auf die Abbildung der Routingprozesse verzichtet werden.
Aufbauend auf den Ergebnissen der Module 1 - 3 soll das Modul 4, die Quantifizierung der schmelzwasserbürtigen Abflussanteile für verschiedene Pegel in der Zukunft, zu einem späteren Zeitpunkt bearbeitet werden.